Reem aus Saudi Arabien

 

Reem* (27) sitzt in einem weißen Tank Top auf ihrem Bett, als wir miteinander skypen. Sie macht einen gelösten und selbstbewussten Eindruck, obwohl sie gerade eine schwere Zeit durchmacht. Fünf Jahre lang führte sie eine heimliche Beziehung mit einem Mann, der aus einer anderen Schicht stammt als sie. Als er um ihre Hand anhält, informiert sie ihre Familie. Doch die willigt nicht in die Hochzeit ein. „Es war so hart, ihn gehen zu lassen. Aber so ist das Leben. Die Familie ist wichtiger. Den Schmerz, den ich spüre, kann ich immer noch nicht in Worte fassen. Fünf Mal am Tag verbinde ich mich mit Gott und erzähle ihm alles, was mich belastet. Das tut gut.“ Reem lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in einer Art Schloss in Riad.

Wann warst Du das letzte Mal glücklich, Reem?

„Unsere Familie trifft sich jeden Tag von 18 Uhr bis 19 Uhr. Wir sitzen dann zusammen und erzählen. Ein Ritual, das in unserer Kultur üblich ist. Das macht mich glücklich.“

Was kannst Du tun, damit Du häufiger Glück erlebst?

„Ich helfe anderen Leuten sehr gerne. Heute habe ich zum Beispiel den 4-jährigen Sohn meiner Schwester zum Kindergarten gebracht und dort Zeit mit ihm verbracht. Meine Schwester war mir sehr dankbar. Sie musste arbeiten und wusste nicht, wie sie alles unter einen Hut bekommt. Je mehr ich anderen helfen kann, desto glücklicher bin ich.“

Was müsste in Deinem Land passieren, damit die Menschen dort glücklicher zusammenleben?

„Prinz Mohammed bin Salman al-Saud tut sehr viel Gutes für unser Land. Seit einem Jahr dürfen Frauen Auto fahren. Neuerdings gibt es ein Festival, das für jeweils einen Monat von Stadt zu Stadt wandert, mit Musik, Spielen, Theaterstücken und einem Basar. Das ist toll. Aber es gibt Menschen, die sich für besonders religiös halten und alles unterbinden wollen, was Freude bringt. Sie kommen nur zum Festival, um zu stören. Zum Glück werden sie seit neuestem dafür bestraft. Meinen Beitrag sehe ich darin, vielen Leuten einfach ein Lächeln zu schenke. Vor ein paar Jahren wäre das noch unmöglich gewesen. Aber jetzt geht das und ich tue es, um anderen eine Freude zu machen.“

Riad, Saudi-Arabien, August 2019

* Reem muss zu ihrem Schutz anonym bleiben. Ihr Name wurde geändert und das Foto aus Abu Dhabi dient als Symbolbild.