Daisy aus Berlin

 
 
 

Daisy (17) steht kurz vor dem Abitur. Ihre Tage im Lockdown sehen so aus, dass sie vormittags mit den Schulaufgaben beginnt und froh ist, wenn sie abends um einundzwanzig Uhr damit fertig ist. „Das Essen vernachlässige ich mega, weil ich wegen der Abgaben einfach keine Zeit habe.“ Im März hat sie einmal eine Freundin getroffen. Das war das erste Mal seit den Weihnachtsferien. „Ich bin aber auch mega vorsichtig. Ich habe auch kein Problem damit, alleine zu sein. Aber auf Dauer ist das schon ganz schön anstrengend und geht auf die Psyche.“

Wann warst Du das letzte Mal glücklich, Daisy?

„Glück hat für mich damit zu tun, meinen inneren Frieden zu spüren. Den habe ich irgendwann gefunden, obwohl ich gar nicht wusste, dass ich danach gesucht habe (lacht). Aber richtig glücklich war ich das letzte Mal, als ich wieder in die Schule gehen durfte. Ich hätte nicht gedacht, wie wichtig es ist, wieder mit Menschen zusammen zu sein.“

Was kannst Du tun, damit Du häufiger Glück erlebst?

„Wenn es mir nicht so gut geht, ziehe ich mich erst einmal zurück und höre Musik, bete oder denke nach. Die Seele ist ja wie eine Pflanze, um die man sich kümmern muss. Aber grundsätzlich bin ich ein glücklicher Mensch. Alles, was ich brauche, sind meine Freunde und das Tanzen.“

Was müsste in Deinem Land passieren, damit die Menschen dort glücklicher zusammenleben?

„Jeder Mensch sollte das Gefühl haben, akzeptiert zu werden. Ich selbst habe viele Rassismuserfahrungen gemacht, obwohl ich in Deutschland geboren wurde. Ich versuche dann, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, und habe auch schon zwei Black Lives Matter-Demos mitorganisiert. Natürlich ist das nicht cool, kritisiert zu werden. Mir passieren ja auch Sachen, die nicht korrekt sind. Ich versuche dann aber, nicht in den Abwehrmodus zu gehen, sondern einen Schritt zurückzutreten und zuzuhören. Gut wäre, wenn wir besser verstehen würden, wie andere Menschen sich fühlen, und weniger hassen und mehr lieben lernen.“

 

Berlin, Deutschland, April 2021